Oops, wer hat das Formular gegessen?

Abmahnungen und Abmahnwellen im Abmahnblog

Berechtigungsanfrage / Abmahnung für die Wetega UG

Ein Rechtsanwalt aus Berlin hat kürzlich eine Berechtigungsanfrage im Auftrag der Wetega UG wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Elektrogesetz an einen Onlinehändler versendet. Wir vertreten den Onlinehändler. Warum das Schreiben eine Abmahnung darstellen könnte und was unsere Einschätzung hierzu ist, schildern wir in diesem Ratgeberartikel.

Im Schreiben wird zunächst die Wetega UG als Versandhandelsunternehmen mit eigenem Onlineshop vorgestellt. Insbesondere seien dort Elektrogeräte wie Verlängerungskabel, Kabeltrommeln oder Steckdosen erhältlich. Weiter heißt es, dass unser Mandant - der Adressat der Berechtigungsanfrage- gleichartige Produkte unter anderem über eBay anbiete. Innerhalb eines eBay-Angebotes unseres Mandanten sei der Wetega UG eine mögliche Wettbewerbsverletzung aufgefallen, die mit der vorliegenden Berechtigungsanfrage beanstandet wird. Folgende (angebliche) Verstöße gegen das Elektrogesetz, die zugleich auch einen Wettbewerbsverstoß darstellen würden, stehen im Raum:

- Anbieten von elektronischen Produkten ohne Marke ("markenlos")

- Nichtvorliegen einer vorherigen Registrierung bei der Stiftung EAR

Das Elektrogesetz, das erst kürzlich novelliert wurde, macht (Online-)Händlern genaue Vorgaben, die sie beim Verkauf von elektronischen Produkten beachten müssen. Insbesondere bedarf es einer vorherigen Registrierung bei der Stiftung EAR sowie der Zuteilung einer sogenannten WEEE-Nummer. Weil im Falle unseres Mandanten diese Voraussetzungen des Elektrogesetzes, die zugleich Marktverhaltensregelungen im Sinne des Wettbewerbsrechts seien, möglicherweise nicht eingehalten worden seien, erhielt unser Mandant das Schreiben.

Was ist eine Berechtigungsanfrage?

Im Normalfall kann eine Berechtigungsanfrage von einer Abmahnung anhand eines einfachen Kriteriums abgegrenzt werden: In einer Berechtigungsanfrage werden keine Unterlassungsansprüche oder andere Ansprüche geltend gemacht. Vielmehr wird der Adressat nur dazu aufgefordert, sich zu den im Raum stehenden Vorwürfen zu äußern. In einer Abmahnung macht der Abmahnende hingegen unmittelbar Ansprüche geltend und fordert also z.B. zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Anders in diesem Fall! Statt einer klassischerweise ohne Anspruchsgeltendmachung auskommende Berechtigungsanfrage schreibt der Rechtsanwalt an unseren Mandanten: "für den Fall, dass (die gerügten Verstöße zutreffen) ... haben Sie ... gegenüber meiner Mandantin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. ... Eine vorformulierte Unterlassungserklärung, die meine Mandantin akzeptieren würde, ist diesem Schreiben als Anlage beigefügt. Für die Abgabe der Unterlassungserklärung gilt die oben genannte Frist ...".

Mithin kombiniert dieses Schreiben gewissermaßen Elemente einer Abmahnung und solche einer Berechtigungsanfrage. Es wird (für den Fall, dass die beanstandeten Verstöße zutreffend sein sollten) konkret zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

Darüber hinaus beinhaltet das Schreiben auch eine Kostennote, zu deren Begleichung unser Mandant für den Fall, dass die gerügten Verstöße zutreffend sein sollten, aufgefordert wird. Die Kosten werden mit 334,75 Euro beziffert, berechnet nach einem Streitwert von 3.000 €.

Zu dieser Thematik gibt es u.a. ein interessantes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 06.03.2014 (Aktenzeichen I-2 U 90/13). Danach kann der Adressat einer Berechtigungsanfrage Schadensersatz für die eigenen Rechtsanwaltskosten verlangen, wenn sich die als Berechtigungsanfrage getarnte Abmahnung letztlich als unberechtigt erweist, die gerügten Verstöße also nicht zutreffend sind. Mit anderen Worten: Nur dadurch, dass ein Schreiben als "Berechtigungsanfrage" überschrieben wird, tatsächlich aber u.a. ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird, ist das Schreiben juristisch gesehen nicht keine Abmahnung.

Wörtlich heißt es in dem zitierten Urteil des OLG Düsseldorf:

"Die Annahme (...), die Aufforderungsschreiben der Beklagten zielten lediglich auf einen Meinungsaustausch über die Frage der Schutzrechtsverletzung ab, wird diesen Grundsätzen nicht gerecht. Richtig ist zwar, dass die streitbefangenen Anwaltsschreiben in ihrem ersten Teil als reine Berechtigungsanfrage formuliert sind und dementsprechend im Anschluss an die dem Adressaten gesetzte Äußerungsfrist die Aufforderung zu der Mitteilung enthalten, aus welchem Grund sich der Adressat für berechtigt hält, das Gebrauchsmuster 202 21 XXX der Beklagten zu benutzen. Damit enden die Schreiben der Beklagten jedoch nicht. Sie enthalten vielmehr einen vom Umfang her etwa gleichgewichtigen zweiten Teil, der sich auf die von der Beklagten ihrem Schreiben beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung bezieht. Die diesbezügliche Textpassage erschöpft sich nicht in einer rechtlichen Belehrung des Adressaten darüber, welche Ansprüche der Beklagten zustehen würden, falls von einer Gebrauchsmusterverletzung auszugehen sein sollte. Bereits die Beifügung einer vorformulierten Unterlassungserklärung macht dem Adressaten vielmehr deutlich, dass die Beklagte von ihm ein bestimmtes Verhalten erwartet. Er soll sich nämlich durch Unterzeichnung der vorbereiteten Erklärung rechtsverbindlich zur Unterlassung des mit dem Aufforderungsschreiben in Bezug genommenen Verhaltens verpflichten."

Unserer Auffassung nach verstärkt die Tatsache, dass sogar eine Kostennote beigefügt wurde, diesen Eindruck.

Nach umfangreicher Prüfung eines jeden Einzelfalls sollte also - wenn die beanstandeten angeblichen Verstöße haltlos sind - eine konsequente Zurückweisung aller Ansprüche angedacht werden und die eigenen Anwaltskosten als Schadensersatz verlangt werden. Natürlich müssten in einem solchen Fall auch nicht die bereits aufgeführten Anwaltskosten übernommen werden.

Sofern Sie ebenfalls eine derartige "Berechtigungsanfrage" erhalten haben, zögern Sie nicht, unsere Fachanwaltskanzlei für gewerblichen Rechtsschutz zu kontaktieren. Wir beraten kompetent und individuell im gesamten Bundesgebiet.

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